Seit Ende 2020 sind die ersten Macs mit Apples eigenen Chips auf dem Markt, doch was bleibt nach dem Hype und wie gut ist der M1 Chip von Apple wirklich? Wir haben uns zum Jahreswechsel einen Mac mini mit M1 besorgt und ausführlich getestet und berichten euch heute, was gut und was nicht so gut funktioniert. Außerdem geben wir euch einen kleinen technischen Exkurs und blicken in die Zukunft, wie es mit Apples eigener Plattform weitergeht.
Produkte mit Apple M1
Bevor wir uns den Apple SoC selbst mal etwas genauer anschauen, betrachten wir erstmal die Produkte, in denen ihr den M1 Chip bekommt. Im Gegensatz zu anderen Chip-Herstellern, wie AMD und Intel, findet ihr Apples Chipsatz selbstverständlich nur in Apples eigenen Produkten.
Im Herbst 2020 wurden drei Produkte auf dem Markt gebracht, welche den M1 Chip beinhalten: Ein MacBook Air, ein MacBook Pro und einen Mac mini.
MacBook Air mit M1
Das neue MacBook Air mit Apples M1 Chip ist eine deutliche Verbesserung des Vorgängers. Zwar hat sich das Gehäuse selbst fast nicht geändert, doch das Innere wurde komplett neu entwickelt. Grundlage ist natürlich der M1 Chip, welcher aufgrund seiner extremen Effizienz und Kompaktheit wie geschaffen für das MacBook Air ist. So hat sich die Akkulaufzeit fast verdoppelt, Apple gibt im Vergleich zum Vorgänger 6h mehr an. Das Gerät soll so im normalen Betrieb bis zu 18 Stunden Akkulaufzeit ermöglichen, was schon irrwitzig viel ist und für einen Tag völlig ausreichen sollte.
Ein weiteres Highlight, auch dank des M1 Chips, ist die Tatsache, dass im MacBook Air zukünftig kein Lüfter mehr verbaut ist. Ähnliches gab es bereits im MacBook von 2015, allerdings ging dies extrem auf Kosten der Leistung.
Dank des M1 Chips ist es nun möglich, mit dem MacBook Air auch komplexe 4K-Videoprojekte zu schneiden, ohne dass dabei ein Lüfter zu hören wäre – um nur mal ein Beispiel zu nennen. Dabei muss der Chip erst bei extremer Belastung aufgrund der Temperaturentwicklung etwas Leistung einbüßen, im Vergleich zu einem mit Lüfter betriebenen M1 handelt es sich hierbei um circa 15 % Leistung. Dieses sogenannte Thermal-Throttling wird aber erst sehr spät aktiviert.
Schwächen hat das neue MacBook Air aber auch, das Gerät hat gerade einmal zwei Anschlüsse mit USB 4 / Thunderbolt 3, über die das Gerät aufgeladen, an Speicher angeschlossen, mit einem Bildschirm verbunden, … wird. Und ja richtig, nur einen Bildschirm, denn mehr werden ohne Umwege extern nicht unterstützt.
MacBook Pro mit M1
Neben dem MacBook Air hat Apple auch noch ein neues MacBook Pro in 13 Zoll (ca. 33 cm) mit M1 Chip vorgestellt. Für das Gerät gelten fast die gleichen Dinge wie für das MacBook Air, allerdings finden wir hier das etwas größere Gehäuse-Design, wodurch eine Akkulaufzeit von bis zu 20 Stunden erreicht werden soll. Außerdem befindet sich hier ein Lüfter im Gehäuse, welcher sich erst spät aktiviert, allerdings die 15 % Mehrleistung bei extremer Belastung ermöglicht. Auch die umstrittene Touch Bar ist wieder mit am Start.
Doch wirkliche Pro-User werden sich einig sein, zwar ist die Leistung dank des M1 beeindruckend, und hält bei deutlich teureren 16 Zoll (ca. 41 cm) Modellen noch lange mit, aufgrund der Anschluss-Situation eignet er sich allerdings nicht wirklich für Pro-Anwendungsbereiche. Hier müssen oft zu viele Geräte an den Mac angeschlossen werden, was sich nur bedingt mit teuren Adaptern realisieren lässt.
Das MacBook Pro mit M1 in der aktuellen Konfiguration wird vermutlich für die wenigsten tatsächlich die beste Wahl sein, das MacBook Air ist hier doch an vielen Stellen deutlich attraktiver.
Mac mini mit M1
Der neue Mac mini mit M1 Chip ist das Produkt, welches wir in den letzten Monaten getestet haben. Es handelt sich hierbei äußerlich erst mal um einen relativ normalen Mac mini, welcher allerdings auch hier mit weniger Anschlüssen als bisher ausgestattet ist.
Der Mac mini verfügt ebenfalls über zwei Typ-C-Anschlüsse, zusätzlich über einen HDMI-Ausgang und zwei USB-A 3.1 Gen2-Anschlüsse sowie einen Ethernet-Anschluss. Da hier zum Beispiel die Typ-C-Anschlüsse nicht zum Aufladen verwendet werden müssen, steht hier tendenziell also auch einer mehr zur Verfügung. Die Anschluss-Situation ist hier also besser, allerdings trotzdem noch nicht so gut wie bei den Vorgängern mit Intel-CPU, denn diese hatten vier USB-Typ-C / Thunderbolt Anschlüsse. Immerhin unterstützt der Mac mini mit M1 offiziell zwei Monitore.
Der Mac mini lässt sich zwar nicht mehr öffnen, so wie dies bisher eigentlich mal der Fall war, allerdings berichten verschiedene Quellen, dass der Mac mini von innen wohl fast leer sei. Aufgrund der extrem kompakten Bauweise des M1 Chips hätte Apple hier also wohl auch ein deutlich kompakteres Gehäuse wählen können.
Ansonsten zeichnet sich der Mac mini insbesondere aufgrund seines extrem guten Preis-Leistungs-Verhältnisses aus, der M1 Chip sorgt für extrem viel Leistung, 800€ für die Basisversion sind angemessen und sorgen für einen „günstigen“ Mac.
Begrenzte Ausstattung mit dem M1
Wie so oft lässt auch bei den neuen M1-Maschinen Apple dem Nutzer die Wahl, welche Ausstattung er in seinem Computer haben möchte. Im Vergleich zu den bisherigen Intel-Maschinen gibt es hier aber aktuell eine vergleichsweise kleine Auswahl. So sind aktuell maximal 16 GB Arbeitsspeicher verfügbar, unterschiedliche Ausführungen des M1 Chips gibt es auch nicht, nur bei der SSD gibt es eine ähnliche Auswahl.
Zwar sind 16 GB Arbeitsspeicher grundsätzlich für die meisten mit Sicherheit ausreichend, es gibt aber immer wieder Anwendungen, bei denen man sich mehr Speicher wünschen würde – das gibt es aber aktuell einfach noch nicht.
Die Leistung des M1
Apples M1 Chip leistet Erstaunliches, aufgrund seiner Architektur bietet er eine extreme Effizienz, gleichzeitig ist er für spezielle Aufgaben optimiert und schlägt seine Intel-Konkurrenten oft um Längen. Natürlich merkt man das zum Beispiel bei Exportzeiten für Videoschnitt, aber auch ein normaler Nutzer wird merken, dass er vor einem extrem schnellen Computer sitzt. So öffnen sich Anwendungen, wie zum Beispiel die Einstellungen, der Apple App Store oder Safari, aber auch Anwendungen wie Final Cut oder Logic Pro X im Grunde in exakt dem Moment, in dem man die Anwendung starten wollte. Alleine diese Reaktionszeit macht Spaß.
Für die mobilen Macs kommt noch eine weitere angenehme Neuerung hinzu, klappt man es auf, ist das Notebook sofort einsatzbereit. Bisher konnten je nachdem, welche Anwendung gerade auf dem Gerät offen waren, hier einige Sekunden vergehen.
Apple hat die jahrelange Erfahrung der Entwicklung der eigenen CPUs in iPhones und iPads genutzt, um diese nun auch für den PC-Markt nutzen zu können. Die extreme Effizienz wird dabei unter anderem durch die Nähe der unterschiedlichen Computerbauteile realisiert. Diese befinden sich nämlich alle mit auf dem M1 Chip und nicht so wie klassischerweise verteilt auf einem Mainboard. Die dadurch gewonnene Effizienz hat aber auch einen Preis, so ist es unmöglich einzelne Bauteile zu erweitern oder auszutauschen. Dies betrifft im Falle des M1 zum Beispiel den Arbeitsspeicher und die SSD.
Wie bei den iPhones basiert auch die CPU des M1 auf der ARM-Architektur, welche sich grade auf dem Mobilmarkt durchgesetzt hat. Sie ist für einfachere und nicht allzu komplexe Programme optimiert, und kann hier deutlich effizienter arbeiten als eine klassische x86-CPU. Das Ganze hat aber auch einen großen Nachteil, technisch gesehen ist es erst einmal nicht möglich, bisherige Programme auf den neuen M1 Chips laufen zu lassen. Entwickler müssen also ihre Programme anpassen, oder bestehende Software muss „übersetzt“ werden. Hierbei kann aber auch wieder Effizienz eingebüßt werden.
Probleme mit dem M1
Aufgrund der anderen Architektur und den damit verbundenen Übersetzungen kann es immer mal wieder zu Problemen führen. Insbesondere bei komplexen Anwendungen oder sehr speziellen Tätigkeiten können Probleme auftreten.
Gerade bei Treibern oder komplexen, verschachtelten Anwendung, wie zum Beispiel Photoshop oder Logic Plugins, kann dies durchaus auch zum Problem werden. Angeschlossene Hardware geht nicht richtig, bei Photoshop funktionieren einige Filter nicht, oder nicht wie erwartet, und so weiter.
Das Problem dabei ist oft, dass es immer wieder Probleme in sehr speziellen Situationen gibt, in der Regel nicht mal mit einer Meldung. Soll heißen, eine Anwendung ist schnell, funktioniert, alles wunderbar, dann klickt man auf „Exportieren“ und das Fenster wird falsch dargestellt. Dann kommt keine Fehlermeldung, kein Absturz, es geht eben einfach nicht.
Bei Photoshop gibt es bei uns genau einen solchen Fehler, der Web-Export funktioniert nicht, aber nicht immer, manchmal klappt es auch ohne Probleme. Auf solche Themen muss man sich aktuell aber leider noch einstellen.
Angepasste Software für den Apple M1
Die Lösung für übersetzte Programme lautet natürlich, dass sie vom Entwickler angepasst werden müssen. Einige sind damit allerdings schneller, andere langsamer, und gerade bei Freeware / Open Source kann es auch passieren, dass es nie eine angepasste Software-Version geben wird.
Apple selbst hat natürlich vorgesorgt und hatte zum Release neben dem parallel entwickelten macOS 11 Big Sur auch die hauseigenen Apps bereits angepasst. Dazu gehören alle Mac Standard-Apps, aber auch die früher als iWork bekannte Office Suite, mit Pages, Keynote und Numbers sowie „iLife“, also iMovie und GarageBand. Außerdem wurden Final Cut Pro X / Compressor und Motion sowie Logic Pro X samt MainStage angepasst.
Aber auch andere Software-Hersteller sind schnell nachgezogen, darunter unter anderem auch Microsoft mit der kompletten MS-Office Suite. Positiv aufgefallen ist auch der Synthesizer-Hersteller Roland, der bereits für viele Produkte angepasste Treiber liefert.
Warten muss man hingegen noch auf angepasste Software von Adobe, zwar befinden sich die M1-Versionen teilweise in der Betaphase, released sind sie aber noch nicht. Und auch die Hersteller namhafter Audiosoftware fallen, wie eigentlich jedes Jahr, negativ auf – Ableton Live ist inzwischen zwar immerhin mit macOS 11 kompatibel, für M1 muss aber mit Rosetta auf die „Übersetzung“ zurückgegriffen werden. Und auch Serato, Hersteller eines der bekanntesten DJ-Tools, hat es bis jetzt noch nicht mal geschafft, Serato DJ für macOS 11 anzupassen – ein Dreivierteljahr nach Vorstellung der neuen Version. Zum Support von M1-Macs schreibt man auf einer Supportseite nur: „Mac computers with ARM-based M1 CPU’s are currently not supported with Serato software“.
Und trotzdem wird der Support mit der Zeit immer besser, denn verpassen will den Einstieg eigentlich keiner der Hersteller. Neben Software, die für Mac geschrieben wurde, laufen auf M1-Macs aber auch…
iPhone -/ iPad-Apps auf M1-Macs
Da der M1 Chip von Apple auf der gleichen Architektur basiert wie auch die aus den iPhones und iPads, ist es möglich, Apps von iPhones und iPads auf dem Mac zu nutzen. Diese stehen wie gewohnt über den App Store zur Verfügung. Was sich ziemlich cool anhört, ist es auch, aber mit Einschränkungen. Für Entwickler ist es schon länger möglich, relativ einfach eine iPad-App in eine Mac-App umzubauen. So kam zum Beispiel auch schon vor einigen Jahren Twitter zurück auf den Mac. Nun werden aber keine direkt angepassten Versionen verwendet, sondern tatsächlich genau die Variante, die ihr auch auf einem iPad ausführen könnt. Das Problem: iPads haben nun mal ein Touch-Display, Macs haben dies nicht. Das macht die Steuerung teilweise sehr fragwürdig, und nicht immer macht die App dann auch Sinn.
Das aus unserer Sicht aber viel größere Problem ist, dass viele Hersteller von Software ihre Apps bewusst aus dem Mac App Store entfernen. So ist es zum Beispiel nicht möglich, die Instagram-App oder Netflix auf seinem Mac zu installieren. Oft lautet die Begründung, man wolle keine Supportanfragen für eine Plattform bekommen, die man eigentlich nicht unterstützen möchte. Ziemlich zweifelhaft, und so kann man nur hoffen, dass die Unternehmen das Potenzial irgendwann erkennen. Bis dahin gibt es im Mac App Store leider oft nur die Apps vom iPhone, bei denen der Entwickler vergessen hat, den Haken rauszunehmen.
Immerhin! Die FirstReview-App gibt es auf dem Mac!
Wie gehts weiter?
Wie es weitergeht, ist einigermaßen einfach zu erahnen. Apple hat bereits angekündigt, früher oder später keine Macs mehr mit Intel-Prozessoren zu verkaufen. Die Folge ist, dass wir in den nächsten zwei Jahren wohl noch einige neue Macs sehen werden, deren CPUs auf dem M1 basieren. Ob diese dann M1X, M2 oder P1 heißen werden, wird die Zeit zeigen.
Aber selbst mit der Einstiegs-CPU in Apples eigene Silizium-Welt hat der Hersteller Branchenriesen wie Intel bereits Angst gemacht, nicht zuletzt deswegen konzentriert man sich in der Marketingabteilung von Intel aktuell darauf, die vermeintlichen Unzulänglichkeiten des Apple M1 Chips zu offenbaren und nicht mit eigener Leistung dagegenzuhalten.
Das Anschlussproblem wird der M1X wohl lösen, und gleichzeitig möglicherweise nochmal die doppelte Leistung bieten. Die Anpassung von Anwendungen schreitet weiter voran und so wird der Mac früher oder später endgültig von Intel Abschied nehmen.
Ob Windows früher oder später auch wieder unterstützt wird, bleibt abzuwarten und hängt aktuell von Microsoft ab, offiziell ist die ARM-Version von Windows nämlich noch nicht im Verkauf. Paradoxerweise läuft Windows auf dem M1 aber wohl Welten besser, als auf dem ARM-Surface-Modellen, das berichten zumindest Bastler, die Windows auf dem M1-Mac installiert haben.
Sollte man sich schon M1-Macs kaufen?
Es ist nicht von der Hand zu weisen, selbstverständlich bieten aktuell Intel-Macs grundsätzlich eine bessere Funktions-Abdeckung, in Sachen Effizienz, Akkuleistung und Geschwindigkeit ist allerdings erstaunlich, was die Basis-CPU von Apple bereits alles leistet. Kinderkrankheiten sind vorhanden, werden aber mit der Zeit ausgeglichen.
Wer viel im Internet unterwegs ist, Microsoft 365 nutzt und keine Spezialanwendungen verwendet, kann bedenkenlos zu einem der neuen Macs greifen. Hier profitiert man insbesondere von der grandiosen Leistung und der hervorragenden Akkulaufzeit.
Nutzer von Apples eigener Software, wie zum Beispiel Final Cut oder Logic, werden mit dem neuen M1 auch viel Spaß haben. Die Software ist perfekt angepasst und extrem leistungsstark. Wer hier viele Plugins einsetzt, sollte sich aber auf kleine Problemchen einstellen.
Nutzer von Adobe-Programmen sollten aktuell gegebenenfalls noch etwas warten, bis offiziell die Versionen herausgegeben worden sind.
Für Entwickler von iOS-Apps sind die neuen Macs wie geschaffen, da die Architektur dieselbe ist wie auf den iPhones. Nicht nur das Kompilieren und Simulieren ist deutlich schneller, auch natives Ausführen von Source-Code ist möglich.
Wer sehr spezielle Software oder spezielle Hardware einsetzt, auf mehrere Bildschirme angewiesen ist oder extrem viel Peripherie anschließen möchte, der sollte warten, bis Apple die nächste Generation vorstellt, dann sollte auch das Problem mit den Anschlüssen aus der Welt sein.