Die größten deutschen Telekommunikationsanbieter haben sich mit verschiedenen Urheberrechtsorganisationen zusammengeschlossen und die Clearingstelle Urheberrecht im Internet, kurz CUII, gegründet. Ziel ist es, Webseiten, welche urheberrechtlich geschützte Werke illegal zum Download oder Stream anbieten, zu blockieren.
Bisher waren solche Web-Blockaden nur durch eine richterliche Anordnung umsetzbar, hierbei mussten die Rechteinhaber kostspielige Gerichtsverfahren tragen. Durch den neuen Zusammenschluss sollen diese Kosten nun wegfallen, jedoch ist so auch nicht mehr sichergestellt, dass Inhalte rechtmäßig gesperrt werden.
Für das freie Internet in Deutschland ist dies also definitiv keine gute Entwicklung, ob dieses Verfahren Bestand haben wird, werden letztlich die Gerichte oder der Gesetzgeber klären müssen.
Bereits heute werden Webseiten gesperrt, betroffen sind Nutzer der Internetanbieter Vodafone, Telekom, 1 & 1 und O2. Wenn ihr bisher noch Zugang zu entsprechenden Seiten habt, ist dies vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis sich dies ändert.
Rechtlich zusammengefasst hat die Kanzlei WBS aus Köln das Thema in diesem Video:
Wie funktioniert CUII?
Doch wie schaffen es die Netzbetreiber, bestimmte Seiten aus ihrem Netz zu verbannen?
Hierzu muss erstmal festgestellt werden, dass nicht die Seite selbst offline genommen wird, stattdessen habt ihr einfach keinen Zugriff mehr darauf. Aus einem Netz eines anderen Anbieters ist die Seite weiterhin verfügbar.
Umgesetzt werden die Blockaden über die Namensauflösung (DNS) der jeweiligen Webseite. Webseiten haben aus technischer Sicht keine Namen, kein Server auf dieser Welt hat den Namen „Google.de“. Stattdessen haben Server sogenannte IP-Adressen, welche vereinfacht gesagt wie eine Telefonnummer funktionieren.
Führen wir die Analogie mit den Telefonen fort, brauchen wir, wenn wir jemanden erreichen wollen, dessen Telefonnummer. Wenn wir diese nicht haben, ein Telefonbuch. Auch im Internet gibt es Telefonbücher für Computer, die DNS-Server. Standardmäßig nutzt ihr, wenn ihr an der Konfiguration eures Routers noch nichts verändert habt, den DNS-Server eures Providers.
Statt euch nun aber die IP-Adresse der Webseite zu geben, die ihr aufrufen wollt, geben euch die Provider einfach eine andere Adresse. Diese Adresse führt dann zu der Webseite von CUII. Ein Aufrufen der Webseite, auf die ihr eigentlich wolltet, ist so nicht mehr möglich.
Die gute Nachricht: Diese Websperre könnt ihr aktuell noch recht einfach umgehen.
CUII umgehen
Um die Websperre von CUII zu umgehen, ist es nötig, einen anderen DNS-Server zu verwenden, als den, den ihr von eurem Provider vorgegeben bekommt.
Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten.
DNS-Server auf eurem Gerät ändern
Der schnellste Weg ist, den DNS-Server auf eurem Gerät zu ändern, mit dem ihr die jeweilige Seite aufrufen wollt. Der große Nachteil hier: Diese Änderung gilt nur für ein Gerät, und muss entsprechend oft wiederholt werden, wenn ihr mehrere Geräte verwenden wollt.
Die Anleitung für die verschiedenen Betriebssysteme folgt!
Den DNS-Server für das ganze Netzwerk ändern
Unsere klare Empfehlung ist, den DNS-Server für das ganze Netzwerk zu ändern. Dann ist es nicht mehr notwendig, in den einzelnen Geräten Einstellungen vorzunehmen. Diese Änderung erfolgt in der Regel in eurem Router, da dieser euren Geräten sagt, wie sie ins Internet kommen (DHCP).
Exemplarisch demonstrieren wir die Einstellungen bei einer FRITZ!Box.
1. Anmelden in der Fritz!Box
Öffnet euren Internetbrowser, und ruft die IP-Adresse eures Routers auf. Bei FRITZ!Boxen ist dies in der Regel http://192.168.187.1/ oder http://192.168.188.1/
Meldet euch nun mit eurem Passwort an.
2. Wechseln in die Einstellungen
Um nun die entsprechenden Einstellungen zu erreichen, wechselt in der rechten Leiste auf „Heimnetz“ -> „Netzwerk“ und geht hier auf den Tab „Netzwerkeinstellungen“.
Bei anderen Routern: Sucht nach den Netzwerkeinstellungen, ggf. findet ihr auch den Bereich DNS-Server oder DHCP-Server, dann solltet ihr richtig sein.
3. Wechseln in die IPv4-Konfiguration
Scrollt in den Einstellungen nach ganz unten und drückt hier auf „weitere Einstellungen“
Anschließend könnt ihr auf „IPv4-Einstellungen“ klicken.
4. Ändern des DNS-Servers
Nun müsst ihr die Adresse im Feld „Lokaler DNS-Server“ ändern.
Achtung: Solltet ihr hier andere Einstellungen ändern, kann es sein, dass euer Internetzugang nicht mehr funktioniert, seid also vorsichtig!
Normalerweise sollte hier die IP-Adresse eures Routers eingetragen sein, ändert den Wert nun auf einen DNS-Server, dem ihr mehr vertraut, als dem eures Internetanbieters.
Unsere Empfehlung: Nutzt den DNS-Server von Cloudflare: 1.1.1.1
Alternativ bietet auch Google einen DNS-Server an: 8.8.8.8
Tragt den Wert in das Feld „Lokaler DNS-Server“ ein, so könnt ihr die Internetsperre von CUII umgehen!
Achtet nun noch darauf, dass alle Einstellungen gespeichert werden!
5. Netzwerkverbindung zurücksetzen
Wie ihr eben gesehen habt, werden Änderungen nicht ständig übernommen, in unserem Beispiel würde es bis zu 10 Tage dauern, bis ein angeschlossenes Gerät sich die neuen Einstellungen besorgt hat.
Um diese Wartezeit zu überspringen, könnt ihr die Verbindung zu eurem Router kurz trennen.
Falls ihr ein Kabel verwendet, zieht dieses kurz aus eurem PC und steckt es nach 10 Sekunden wieder rein.
Im Falle einer kabellosen WLAN-Verbindung, könnt ihr wahlweise die Verbindung kurz trennen, oder kurz das WLAN aus- und wieder einschalten.
Anschließend sollte sich euer Gerät die Einstellungen von eurem Router besorgt haben, und ihr könnt wieder alle Seiten im Internet erreichen, auch die, die durch die CUII gesperrt werden.
Zukunft und Meinung
Wie sich die Situation entwickelt, wird die Zeit zeigen. Wir finden es potenziell gefährlich, dass hier nun private Anbieter entscheiden, welche Informationen ihr bekommen dürft und welche nicht. Die von uns gezeigt Lösung ist zwar einfach, wird aber trotzdem nicht für jeden potenziellen Benutzer entsprechender Seiten umsetzbar sein. Gerade Router, welche von den Internetanbietern selbst stammen, bieten die Möglichkeit eventuell gar nicht.
Die Tatsache, dass nun nicht mehr Gerichte darüber entscheiden, welche Inhalte klar illegal sind, ist schon fast beängstigend. Freies Internet sieht für uns anders aus. Auch, dass dieses Projekt nun binnen Tagen bereits Millionen Internetnutzer in Deutschland betrifft, ist verwerflich.
Die Deutschen Behörden sehen hingegen kein Problem:
„[Das] Bundeskartellamt hat keine Einwände gegen Start der Clearingstelle
Urheberrecht im Internet“
In beiden Fällen bezweifeln Rechtsexperten die Zuständigkeit der Behörden.
Ein weiters Thema: Noch lassen sich die Web-Sperren leicht umgehen, doch wer hält die Mitglieder der CUII davon ab, früher oder später die tatsächlich übertragenen Daten nach Verstößen zu durchsuchen, welche sie selbst als solche deklarieren?
Zusammengefasst sehen wir diese Entwicklung als extrem negativ an.