Kategorien
Apple Headline

Apples AirTag: Sinnloses Gadget oder Helfer in Not?

Wenn über ein Produkt in den letzten Jahren bei Apple schon vor der offiziellen Ankündigung alles bekannt war, dann wohl bei den AirTags. Seit Herbst 2019 gab es Gerüchte, nach denen Apple einen kleinen Tracker auf den Markt bringen wollte. Der ohne Sinn in den iPhones verbaute U1 Chip brachte Klarheit, dass ein solches Produkt auf jeden Fall kommen müsste. Nun, im Frühjahr 2021, hat Apple ihn veröffentlicht: den AirTag. Doch ob sich dieses Gadget lohnt oder ob es nur Spielkram ist, und was noch fehlt, darum soll es heute gehen.

Funktionsweise

Bevor wir uns weiter mit den AirTags aus technischer Sicht beschäftigen, schauen wir uns erst einmal die Funktionsweise an. Ein AirTag ist ein kleines Gerät, welches in etwa die Größe eines 2-Euro-Stücks hat, auch wenn es natürlich dicker ist.

Der AirTag soll dabei helfen, den Gegenstand, an dem er befestigt ist, wiederzufinden. Dabei gibt es grundlegend zwei Szenarien:

AirTag in der Wohnung wiederfinden

Sucht ihr einen Gegenstand, der sich in euer Wohnung oder eurem Haus befindet und an dem ein AirTag befestigt ist, könnt ihr mit eurem iPhone direkt eine Verbindung aufbauen. Die Reichweite beträgt hier ca. 25 m. Allein diese Tatsache sichert euch zu, dass der Gegenstand in der Wohnung ist. Um ihn zu finden, habt ihr nun die Möglichkeit, von dem AirTag einen Ton wiedergeben zu lassen. Anhand des Klingelns könnt ihr im besten Fall den Weg bis zum AirTag finden.

Es gibt aber auch noch eine präzisere Methode: die räumliche Ortung. Hier kommt der U1 Chip zum Einsatz, welcher ab dem iPhone 11 / Pro verbaut wird. Bei älteren iPhones gibt es diese Möglichkeit leider nicht. Die räumliche Ortung ermöglicht es euch, einerseits die Distanz zum AirTag angezeigt zu bekommen, anderseits bekommt ihr sogar einen Richtungspfeil, wo sich der AirTag genau befindet.

AirTag draußen wiederfinden

Aber nicht nur in den eigenen vier Wänden gehen Dinge verloren, auch unterwegs kann es passieren, dass euch der Schlüssel aus der Hosentasche fällt, oder ihr eine Tasche in der Bahn stehen lasst. Befindet sich an dem Gegenstand ein AirTag, stehen die Chancen nicht schlecht, dass ihr euren Gegenstand wiederfindet. Einerseits merkt sich euer iPhone den letzten Standort, an dem es den AirTag empfangen hat. Andererseits hilft nahezu jedes iPhone auf dem Planeten mit, den AirTag wiederzufinden.

Diese Technik ist für Apple nicht neu, das „Wo ist?“ (engl. „Find my“) Netzwerk kann verloren gegangene iPhones, iPads, Macs, etc. finden, und den Standort weiter eingrenzen, Details dazu später. Bedeutet aber: Kommt ein anderer iPhone-Nutzer nahe genug an den AirTag, bekommt ihr einen neuen Standort.

Diese Funktion ist auch noch weiter gedacht: Vermisst ihr einen Gegenstand, könnt ihr den „Verloren“-Modus aktivieren. In diesem Falle werdet ihr sofort benachrichtigt, wenn jemand euren AirTag findet, beziehungsweise wenn ein iPhone den Standort aktualisieren konnte. Weiterhin könnt ihr eine Telefonnummer digital auf dem AirTag hinterlassen. Findet jemand zum Beispiel euren Schlüssel, kann er in Kombination mit seinem Smartphone die Information vom AirTag bekommen und euch beispielsweise anrufen. Das geht mit iPhones, aber auch mit NFC-fähigen Android-Smartphones.

Fahrt ihr zu dem angezeigten Ort, müsst ihr nur so lange durch die Gegend suchen, bis euer iPhone eine Verbindung herstellen kann. Dann greifen dieselben Funktionen wie in der Wohnung.

Grundlegende Idee der AirTags

Die grundlegende Idee von Apple, einen Tracker zu entwickeln, der weltweit wiedergefunden werden kann, und auch auf kurze Distanz beim Auffinden von Gegenständen helfen kann, ist aber absolut nicht neu. Es gibt bereits seit einigen Jahren verschiedene Produkte auf dem Markt, und als die Gerüchte rund um den AirTag zunahmen, hat auch Samsung kurzerhand einen solchen Tracker veröffentlicht.

Bisher hatte nur noch niemand derartige Erfolgschancen wie jetzt Apple. Der Grund ist klar, wenn bisher ein Hersteller ein solches Produkt auf den Markt gebracht hat, konnte er sich nur auf die eigenen Nutzer des Netzwerks verlassen. Das berühmte Henne-Ei-Problem – nutzt keiner die App des Herstellers, kann auch niemand die Tracker finden – kann man die Tracker nicht finden, kauft man sie auch nicht.

Laut Apples eigenen Angaben befinden sich im „Wo ist?“-Netzwerk nahezu 1 Milliarde Geräte. Auch wenn Apples Marktanteil bei Smartphones nicht riesig ist, die Abdeckung ist doch beeindruckend.

Wie funktionieren die AirTags?

Schauen wir uns Apples AirTags einmal etwas genauer an. Ein AirTag hat einen Durchmesser von 31,9 mm und ist 8 mm dünn. Er ist wasserdicht nach IEC-Norm 60529 und ist mit IP67 klassifiziert (bis zu 1 Meter für bis zu 30 Minuten).

In Sachen Funkstandards bietet der AirTag Bluetooth zur Ortung in der Nähe, Apples U1 Chip für Ultrabreitband und genaue Suche und NFC für den „Verloren“-Modus.

Um Töne machen zu können, befindet sich ein winzig kleiner Lautsprecher im Inneren. Es gibt keinen Akku, sondern eine CR2032 Knopf­zellenbatterie, die ihr – oh Wunder – selbst austauschen könnt. Apple gibt an, dass die Batterie bei täglicher Benutzung ein Jahr halten soll, das konnte bisher natürlich noch niemand verifizieren. Wir haben die Hoffnung, dass bei seltenerer Nutzung zum Beispiel, weil ihr nicht täglich euren Schlüssel verliert, die Laufzeit auch noch länger sein kann. Den Batteriestand könnt ihr in der „Wo ist?“-App überprüfen.

Der AirTag selbst ist außen aus weißem Plastik, und hat eine Metallscheibe, welche glänzt, wie bei den alten iPod-Modellen. Wenn ihr einen AirTag entsprechend an eurem Schlüsselanhänger befestigt, kommt es hier relativ schnell zu Abnutzungsspuren. Das ist normal und sieht nicht allzu schlimm aus, sorgt aber natürlich für einen schnelle Abnutzung.

Wo ist? – Netzwerk

Apples „Wo ist?“-Netzwerk dient zur Kommunikation von verlorenen gegangen Apple-Geräten. Dies passiert Ende-zu-Ende-verschlüsselt, nicht einmal Apple weiß, wo sich eure Sachen befinden.

Beispiel zur Funktionsweise:

Ihr habt euren AirTag verloren, und ein fremdes iPhone ist in der Nähe, dann wird das iPhone eine Verbindung zum AirTag aufnehmen und sich den öffentlichen Schlüssel herunterladen. Mit diesem Schlüssel verschlüsselt das iPhone seinen eigenen Standort und die Seriennummer und lädt beides in die iCloud. Zum Entschlüsseln der Koordinaten benötigt man den privaten Schlüssel, den habt wiederum nur ihr, dieser wurde beim Einrichten des AirTags automatisch generiert. Euer iPhone sucht dann in der iCloud nach der Seriennummer des AirTags, ist diese vorhanden, wird der Eintrag heruntergeladen, mit dem privaten Schlüssel entschlüsselt und schon wisst ihr, wo sich das fremde iPhone befunden hat, als es Kontakt zu eurem AirTag hatte.

Dieses Verfahren klappt immer wieder, und in regelmäßigen Abständen mit unterschiedlichen iPhones. Nicht nur AirTags könnt ihr auf diese Weise wieder finden, auch Macs, iPhones, iPads und andere Apple-Produkte befinden sich in diesem Netzwerk, und können von euch wiedergefunden werden, wenn ihr das Gerät verloren habt.

Anwendungsgebiete für AirTags

Einige Beispiele haben wir bereits genannt, wie AirTags eingesetzt werden können. Das naheliegendste Beispiel ist wohl der eigene Haustür- und / oder Auto-Schlüssel. Aber nicht nur seinen eigenen Schlüssel kann man verlegen, ein Rucksack oder ein Koffer lassen sich genauso wiederfinden wie ein Fahrrad oder gar ein Auto. Auch an das eigene Haustier, wie an eine Katze oder einen Hund kann man einen AirTag hängen, nur sollte man hier nicht die besten Ortungsergebnisse erwarten, wenn die Katze über ein Feld oder durch den nahegelegenen Wald spaziert. Hier sind klassische GPS-Tracker wohl die bessere Wahl.

Grundsätzlich gibt es also fast nichts, was man nicht mit einem AirTag verwanzen könnte.

AirTags und der Datenschutz

Wie aus den Anwendungsbeispielen bereits ersichtlich ist: Ihr könnt nahezu alles mit eurem AirTag verfolgen. Nun könnte hier der ein oder andere auf die Idee kommen, einen Freund, die Freundin / den Freund oder den eigenen Feind mit einem AirTag zu versehen.

Apple hat hier mitgedacht, und zumindest einige Funktionen für den weiteren Datenschutz eingebaut. Befindet sich ein AirTag für eine gewisse Zeit lang dauerhaft bei einem anderen iPhone und der Besitzer ist mit seinem iPhone nicht in der Nähe, bekommt das fremde iPhone eine Benachrichtigung, dass ein AirTag mit ihm reist. Einer gewissen Zeit ohne das Stamm iPhone, können die AirTags sogar anfangen zu klingeln.

Hier gab es von einigen Seiten in den letzten Wochen Kritik, Apple würde damit nicht weit genug gehen, weil Android-Nutzer und Nutzer alter iPhones keinen Schutz hätten, etc.

Unserer Meinung nach hat Apple hier richtig gehandelt, weitere Schutzmaßnahmen könnten die Funktionsweise sehr einschränken. Hat jemand tatsächlich Interesse daran, jemanden zu verwanzen, dann konnte er dies vorher bereits und kann es auch zukünftig mit Produkten, die hierfür besser geeignet sind.

Was kostet ein AirTag?

Apple hat den Preis eines AirTags deutlich geringer angesetzt, als im Vorfeld spekuliert wurde. Ein einzelner kostet 35 €, ein Set aus vier kostet 120 €. Bei Apple kann man sich die AirTags zudem online gravieren lassen, ohne Aufpreis.

Es gibt nur ein Problem: Die AirTags selbst haben keine Aussparung, um in irgendeiner Form an irgendetwas befestigt zu werden. Das haben die AirTags allen Konkurrenten voraus, das bedeutet, ihr benötigt auf jeden Fall Zubehör in Form eines Schlüsselanhängers etc., um den AirTag an eurem Schlüsselbund, Koffer oder sonst was befestigen zu können.

Das Originalzubehör von Apple kostet dabei bisweilen mehr als der AirTag selbst. Der Schlüsselanhänger aus Leder kostet 35 €, eine Manschette, um den AirTag außen an einem Rucksack oder Koffer befestigen zu können sogar bis zu 40 €.

Apple selbst bietet auf der Homepage außerdem Zubehör vom bekannten Hersteller Belkin an, hier kostet der Schlüsselanhänger nur 13 €, welcher dafür aber aus Plasik gefertigt ist.

Aufgrund der hohen Preise gibt es außerdem jetzt schon eine große Community, die Halterungen für die AirTags zum Selbstdrucken im 3D-Drucker entwirft.

Wo ihr vorsichtig sein müsst: Zubehör, welches ihr für günstige Preise auf Amazon findet. Viele dieser Angebote waren bereits vor der offiziellen Ankündigung bei Amazon zu finden, und deuten darauf hin, dass die Hersteller keine genauen Angaben zur Größe der AirTags hatten. Es ist also nicht gesagt, dass diese tatsächlich mit den AirTags kompatibel sind.

Schwächen der AirTags

Doch natürlich ist nicht alles Gold, was glänzt, und auch die AirTags haben einige Schwächen, die hoffentlich noch per Software-Update behoben werden können. Das für uns größte Thema ist, dass ihr die AirTags nicht mit in eure iCloud-Familie nehmen können. AirTags gehören immer einer Person, alle anderen haben von dem AirTag nichts. Dabei gäbe es gerade hier vermutlich eines der größten Anwendungsgebiete, denn „Wo ist wieder die Fernbedienung?“ ließe sich so für jeden im Haushalt lösen – aber nichts da!

Auch ein Problem in diese Richtung: Seid ihr für ein paar Tage unterwegs, euer AirTag bleibt zu Hause und jemand anderes im Haushalt befindet sich noch dort, wird der AirTag vermutlich früher oder später anfangen zu klingeln.

Und auch wenn ich zum Beispiel jemandem meinen Schlüssel einmal ausleihe, muss ich im Grunde den AirTag abnehmen, da sonst auch wieder Meldungen oder Geklingel die Folge sein könnten. Eine „Ausleihe-Funktion“ wäre also hier auch sehr praktisch.

Dies dürfte aber nichts sein, was Apple nicht noch per Software-Update nach reichen könnte. Wir hoffen darauf.

Braucht man einen AirTag?

Android-Nutzer sind an dieser Stelle schon raus, denn Apples AirTags sind nur mit iPhones kompatibel.

Ansonsten stellen sich natürlich die Fragen, wie oft verliert man gewisse Gegenstände, wie oft suche ich meinen Schlüssel, wie oft verlege ich die Fernbedienung etc. Für diese Gegenstände, die man oft im eigenen Haushalt verlegt, kann ein AirTag natürlich Sinn ergeben.

Bei einigen Gegenständen kann man den AirTag auch als eine Art Sicherung betrachten: „Lieber habe ich einen AirTag am Schlüsselbund und verliere meinen Schlüssel nicht, statt einmal meinen Schlüssel ohne AirTag zu verlieren.“

Als Diebstahlschutz, zum Beispiel bei einem Fahrrad, hilft ein AirTag gegebenenfalls nur so lange, bis er entdeckt und eben ausgeschaltet wird, da man die Batterie relativ einfach herausnehmen kann. Hierauf sollte man sich also auf keinen Fall verlassen.

Unsere Meinung zum AirTag

Apple hat mit dem AirTag ein kleines Zubehör geschaffen, von welchem einige besonders oft, andere seltener profitieren. Insgesamt ziehen wir ein positives Fazit und hoffen auf baldige Umsetzung der Familien-Funktion. Mit dem Preis hat Apple viele Marktbeobachter überrascht, wäre da nicht das teure Zubehör. Trotzdem, ein AirTag gehört schon fast an jeden Schlüsselbund eines iPhone-Nutzers, und auch als Geschenk macht sich ein AirTag sehr gut.

Von Fynn Trenkner

M.Sc. Fynn Trenkner ist Redaktionsleiter von FirstReview und Experte für Apple, Smart Home, Audiotechnik und Gaming. Als Kopf hinter unserem YouTube-Kanal liefert er spannende Reviews und fundierte Technik-Insights.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ich stimme den Datenschutzbestimmungen zu.

Die mobile Version verlassen